Wir müssen Institutionen konstruieren, die es uns erlauben, die ökonomische Gewalt auf demokratische Weise zu kontrollieren und die uns Schutz vor der ökonomischen Ausbeutung gewähren. Karl R. Popper

2019-04-05_sn_volksbegehren_rettet-die-bienen_in-bayern-erfolgreich_klein.jpgGeht es um die Beantwortung herausfordernder Zukunftsfragen¹, die uns alle betreffen, dann geraten wir mit unserem Hausverstand, auch jenem eines „tonangebenden Kosmopoliten“² bald an unsere Grenzen.

Mitunter braucht es dann Weckrufe wie jene der No-Billag-Initiative zur Abschaffung der Rundfunkgebühren in der Schweiz, um motiviert zu werden für die Suche nach den besseren Antworten. Weil die Diskussion nach dem Start dieses Volksbegehrens „im besten Sinn aufklärerisch“ war, konnte sie mit 71 % Stimmenanteil abgewehrt werden. Allerdings lösen nicht alle Themen, die vielen Menschen in einem Land unter den Nägeln brennen, eine bundesweite Debatte aus und die am Ende zum Erfolg führt. Doch genau diesen braucht es zur Herbeiführung von dringenden Verbesserungen zum Wohl von Betroffenen und damit der gesamten Gesellschaft, ebenso wie „die Gabe der Unterscheidung und Ausdauer im Ringen um gemeinsame Lösungen im Dialog und in der Zusammenarbeit mit unterschiedlichen politischen Gruppierungen und Initiativen, mit Kirchen und Religionen“, so der dritte Wunsch von Pater Bernhard Bürgler SJ anlässlich seiner Festrede zum 60jährigen Bestehen der ksoe.

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Nur wenige Menschen und Themen schaffen das scheinbar Unmögliche: die erfolgreiche Beeinflussung politischer Entscheidungsträger. Bei der EU-Wahl 2019 scheint dies Greta Thunberg und Rezo gelungen zu sein: jede*r Dritte wählte die Grünen.

Sich beim Streben danach auf die Forderung von Paul Collier: „Wir müssen eine kritische Masse³ ethischer Bürger hervorbringen“ (Sozialer Kapitalismus!, S 137) zu beschränken wird aller Voraussicht nach unzureichend bleiben. Denn auch diese wird nicht jedes Mal aus ihrem Tiefschlaf erwachen, wenn die Themen zwar zahlreich sind, aber jeweils „nur“ Wenige betreffen. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Einerseits wiegt die Einzelmeinung nicht so viel, wie jene einer Organisation: deren Resonanz in den sozialen Medien ist ungleich höher – siehe „Wenn Kinder zur Armutsfalle werden„. Andererseits sind die Kräfteverhältnisse und die Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel im Kampf gegen mächtige Interessensverbände ungleich schwächer. Dazu kommen Tabuthemen wie Sexarbeit oder unfreiwillige (Erwerbs-)Arbeitslosigkeit, über die selbst potenziell Betroffene zum Teil nur ungern informiert werden.2019-04-12_ksoe_solidaritaet_

Um den Zusammenhalt in unseren Gesellschaften auf Dauer zu gewährleisten und aus Gründen der Mitmenschlichkeit bleibt daher unsere (rechtlich gesicherte) Solidarität auch in Zukunft gefragt, zum Beispiel im Rahmen einer „Demokratie zum Anfassen.“ Wer sich in der Mitte der Gesellschaft verortet sollte sich auch deshalb dafür interessieren, um der Gefahr des eigenen sozioökonomischen Abstiegs zu entgehen. In ihrem Gastkommentar „Die Mittelschicht betrügt sich selbst“ beschreibt Ulrike Herrmann detailliert und in aller Kürze die Zusammenhänge.

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Solidarität – Macht – Aufgeklärtes Leben

Aufklärung kann dabei helfen, NOT-wendige Entwicklungen in Sachen Förderung der Solidarität voranzubringen. Dies umso mehr, als Peter Filzmaier von einem „generell mangelnden Demokratiebewusstsein in Österreich“ spricht. Michael Hampe gemäß ist es die „aufgeklärte Kultur“, die „noch wichtiger sei für das gute Zusammenleben der Menschen als die konkrete Regierungsform“ (Eva Weber-Guskar). In ihrer Rezension zu seinem Buch „Die Dritte Aufklärung“ meint Kirstin Breitenfellner: „Bei der derzeitigen

2019-04-24_civil-society-index_ist-der-politische-klimawandel-noch-zu-stoppen
Sollten wir uns angesichts der sozialen und ökologischen Schieflagen nicht verstärkt für das gemeinsame Wohl in unserer Gesellschaft einsetzen, bevor es zu spät ist? Sollten wir nicht eine Gegenbewegung starten, um mehr in Gesetzgebungsverfahren einbezogen zu werden? Denn eine „aufgeklärte Kultur“ wird es nicht ohne entsprechende „Unterstützung“ für alle geben: bewusstseinsverändernde Gesetze (Erwin Riess) könnten helfen. Selbstverständlich wäre deren Einhaltung auch zu kontrollieren, nachdem diese selbst wiederum auf ihren Gemeinwohlgehalt untersucht wurden (vgl. Karl Polanyi).

Krise handelt es sich seiner Meinung nach nicht um eine der Demokratie, sondern der aufgeklärten Kultur. Diese zieht Argumente der Gewalt⁴ vor, duldet Kritik, fördert Mündigkeit und Toleranz und sucht Wahrhaftigkeit in der Öffentlichkeit, denn ‚ein aufgeklärtes Leben ohne Solidarität, ohne eine Basis geteilter Wahrheiten ist unmöglich'“ (Falter 15/19, S 33).

Thematisch ginge es darum, weitgehenden Konsens zu finden auf Antworten zu diesen beiden Fragen:

Wollen wir dabei als Gesellschaft erfolgreich sein, ist es wichtig, sich zuerst einmal dafür zu interessieren und dann auch daran zu glauben, dass wir gemeinsam Fortschritte erzielen werden (Paul Mason: „…, dass wir gewinnen können„). Eine einzige Podiumsdiskussion wird üblicherweise nicht ausreichen, ein Diakonalle-Kongress hingegen schon eher. Jedenfalls bedarf es unserer fortwährenden Bemühungen (siehe Anregungen zum „Re-Framing des Sozialstaates„) darum, und darüber hinaus gilt das Wort von Hermann Hesse, wonach es mit uns rasch zu Ende wäre, wenn unsere Spiele „das lebendig pulsierende Leben, die geistige Aktualität und Interessantheit vermissen“ ließen.⁵

Netz-Werken

Um die Nachhaltigkeit unserer Bemühungen zu gewährleisten, bedarf es darüber hinaus eines koordinierten Austauschs über die in den Gesprächen gewonnenen Erkenntnisse und deren Abänderungs- oder Erweiterungsvorschläge, um sie schließlich bei Bedarf auch zur Wahl zu stellen. Vergleichbar ist diese Vorgehensweise mit jener bei regionalen Konventen, wobei es bei den oben gestellten Fragen jedoch vorwiegend um nationale Themen geht. Weil diese aber zumeist weit weg von den unmittelbaren Sorgen und Nöten der Menschen wahrgenommen werden, sind sie für die breite Auseinandersetzung im Rahmen eines zeitlich und räumlich gestreuten Dialogforums nicht immer optimal geeignet. Auf die Aktualität ist daher besonders zu achten.

Motivation

Die Komplexität von wirtschafts- und sozialpolitischen Themen auf nationaler Ebene verstehen zu wollen, muss auch nicht das erste Ziel sein, um Menschen auf Dauer für den Dialog zu interessieren.

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Die Beteiligung mündiger Bürgerinnen und Bürger an der gemeinsamen Suche nach Antworten auf drängende Fragen zeitlich in ein einmaliges und enges Korsett zu pressen ist keine wirkungsvolle Dauerlösung. Die Einrichtung eines konsultativen Konvents aus 300 ausgewählten Bürger*innen als Institution hingegen ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.

Auch wenn die Auswirkungen einer zunehmend restriktiveren Sozial- und Wirtschaftspolitik immer spürbarer werden, darf der Erfahrungsaustausch – durchaus nach dem Vorbild der Agora – an erster Stelle stehen. Danach könnten wir uns fragen, was auf politischer Ebene zu tun ist, wenn beispielsweise die jüngeren unter uns nicht mehr daran glauben, dass sie es im Vergleich zu ihren Eltern einmal besser haben werden. Diesbezüglich ist das Ergebnis einer Umfrage unter den 16- bis 26-Jährigen in sieben europäischen Ländern erschütternd: „In Großbritannien und Spanien glaubt nur jeder Vierte, dass es der eigenen Generation besser gehen wird als den Eltern.“ Wen wundert’s aber auch, wenn mehr als die Hälfte der unter 25-Jährigen im Niedriglohnsektor arbeiten (müssen!). Daran wird sich ohne sozial- und wirtschaftspolitische Maßnahmen so schnell nichts ändern.

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Philipp Blom aus Anlass der Eröffnung der Salzburger Festspiele 2018 über das erforderliche Bedürfnis am aufgeklärten Denken „aus Leidenschaft für ein gutes Leben“.

Dialogforum

2019-08-29_falter_harald-welzer_politiker-reden-nicht-mehr-richtig-tachelesWas können wir also tun, um das Schlimmste von uns abzuwenden und das für uns Bessere zu erreichen? In puncto Abwehr von Ideologien, die bei „erfolgreicher“ Anwendung unsere liberalen Demokratien bedrohen, meint Ágnes Heller: „Es geht darum, eine starke Geschichte zu erzählen!“⁶ Was abseits von Benefizgalas und Aufrufen zu Geldspenden noch fehlt sind beispielsweise regionale Zusammenkünfte und jede einzelne der dabei geäußerten Wortspenden, die zum Aufbau eines gelingenden Großen und Ganzen im Zeichen der Volkssouveränität nach Ágnes Heller beitragen. Soll heißen: Wir müssen Tacheles reden, landauf, landab. Mit allen, die an einem Dialog interessiert sind.

Deshalb ÖkoSozialrat

2019-08-29_tweet_regierung-oekosozialrat-zukunftswerkstattWeil Aufklärung allein – auch nach 400 Jahren – für eine würdige Vertretung der Interessen der Vielen nicht reicht, müssen wir – ganz im Sinne von Karl R. Popper – eine neue Institution gründen, damit es dann heißt:

Für alle hier lebenden Menschen gibt es die Möglichkeit, ökosozial engagierte Fairtreter*innen in einen ÖkoSozialRat als erste außerparlamentarische Kontrollinstanz mit Vetorecht zu wählen, in dem eine selbstverwaltete Gemeinwohlregierung (vgl. SommerSonnenWahl) die politischen Anliegen des Souveräns in einer DEMOkratie in all ihrer Vielfalt ausgleichend wahrnimmt gegenüber Partikularinteressen, die auf ihre Art in die Gesetzgebung hineinwirken. Damit soll der soziale Frieden langfristig gesichert werden können, ohne die Notwendigkeit, zuvor einen mitunter tödlichen Kampf gegen Armut und Ausbeutung führen zu müssen.

2019-05-21_Postkarte_Diakonale_VS

Linkhinweise

Fehlendes VertrauenHeiner Bielefeldt nimmt die Religionen mit ins gemeinsame Boot der Verantwortung dafür, „dass niemand unter die Räder kommt.“ Denn: „Religionen waren an der Entstehung der Krise beteiligt, jetzt sollen sie auch helfen, die Folgen zu tragen“.

Punkt 12 in der Liste an Empfehlungen der COMECE Sozialkommission lautet: „Bessere Einbeziehung der Sozialpartner, der Zivilgesellschaft und der Kirchen im Europäischen Semester: Die EU sollte den Dialog mit diesen Akteuren fördern und sie sowohl in die Gestaltung als auch in die Umsetzung der europäischen Beschäftigungs- und Sozialpolitik, insbesondere im Rahmen des Europäischen Semesters, einbeziehen. Dies wird die Eigenverantwortung in den Mitgliedsstaaten stärken und eine reibungslose Umsetzung der europäischen Entscheidungen begünstigen.“

Für jene, die Informationen lieber aus Videos gewinnen, „empfiehlt“ Thomas Laschyk in seinem Beitrag über das Video vom Youtuber Rezo mit diesen einführenden Worten:

UnbenanntDie CDU zerstört unsere Zukunft

Der Youtuber Rezo hat sich in diesem Video aufgemacht, der Politik der CDU (aber auch der SPD und der AfD) ordentlich die Leviten zu lesen. Über soziale Gerechtigkeit bis Klimawandel spricht er fast eine ganze Stunde über den gewaltigen Unterschied zwischen Realität und den Ansprüchen der Unionsparteien. Das macht er mit Hilfe vieler Wissenschaftler*innen und einer langen Liste an Quellen und Fakten.


Anmerkungen

¹) Ausgewählte Beispiele für Zukunftsfragen, die uns alle betreffen:
Ist unsere Bildung zukunftsfit? (siehe auch „Inklusion“ oder Bildung als „Frage der Gerechtigkeit„) … ebenso dürfen wir fragen, inwieweit dies auf Erziehung zutrifft, die weniger stark auf Mündigkeit abzielt, weil sie daher weniger stark vorbeugt gegen Fremdenfeindlichkeit: siehe „Harter Erziehung folgt härtere Politik“ – Herbert Renz-Polster weiß mehr:

Bevor wir danach fragen: „Was ist zu tun, wenn die Mittelschicht das sozioökonomische System immer öfter als unfair empfindet?“ (siehe auch Artikel in der WeLT oder in DER STANDARD), sollten wir uns gemäß Herbert Renz-Polster für eine Doppelstrategie entscheiden und diese versuchen umzusetzen, die mit einer „Erziehung zur Mündigkeit“ beginnt – Renz-Polster: „Die Verletzlichkeit gegenüber externen Verlockungen wie den Sicherheitsangeboten rechter Parteien wird in der Kindheit angelegt. Ob sie zum Tragen kommt, hängt von äußeren Umständen ab.“ Vergleichbar Peter Schallenberg: „…: erst eine innere Bekehrung verwandelt die äußeren Umstände, aber zugleich stützen und ermöglichen äußere gerechte Zustände eine innere Bekehrung des Menschen zum Guten, der ohne äußere Gerechtigkeit der inneren Lieblosigkeit zum Opfer fiele.“ und Viktor E. Frankl: „Aus dem Immer-wieder-Gutes-Tun wird schließlich das Gut-Sein.“

2019-05-20_tweet_zu_spiegel_cornelia-koppetsch_Mitverantwortung-der-tonangebenden-Kosmopoliten²) Wortwahl „tonangebende Kosmopoliten“: Cornelia Koppetsch in einem Interview mit Katja Thimm, erschienen in Der Spiegel, am 11. Mai 2019 – Zitat: „Kosmopoliten fahren eine postkoloniale Dividende ein.“

Übrigens: die Mitverantwortung der Bessergestellten vermisst auch Paul Collier, wenn es darum geht, „diejenigen auf der Verliererseite wohlwollend zu untersützen„. Collier, a. a. O., S 284: „Aber um dieser Divergenz entgegenzuwirken, genügt es nicht, die Geringergebildeten zu befähigen, beruflich erfolgreich zu sein. Einige Verhaltensweisen der Hochqualifizierten müssen eingedämmt werden, weil sie ausbeuterisch sind: Die Fähigkeit, ein ‚Turnier‘ zu gewinnen, kann riesige private Gewinne einbringen, die auf Kosten derjenigen gehen, die verlieren.“

2019-05-24_Christoph-Butterwegge_ueber_die_Verharmlosung_der_ArmutChristoph Butterwegge zufolge liegt die Schwierigkeit der Bekämpfung relativer Armut darin, „dass man den Reichtum antastet.“

³) Paul Collier definiert den Begriff „kritische Masse“ a. a. O., S 282 wie folgt: „Eine kritische Masse bedeutet nicht alle Bürger; es bedeutet so viele, dass Politiker den Mut zum Handeln finden.“ (s. a. Frage am Beginn des Anhangs zu Solidaritätspartnerschaft)

⁴) Was Michael Hampe u. a. unter „Gewalt“ versteht, lässt sich im ersten Absatz der oben erwähnten Buchbesprechung von Kirstin Breitenfellner erahnen: „Michael Hampe macht sich Sorgen, denn vieles aus dem derzeitigen politischen Diskurs kommt ihm bekannt vor: ‚Wut auf ein vielfältiges, freiheitliches Leben, die um sich greifende Intellektuellen- und Medienschelte, die Verachtung für eigentlich funktionierende staatliche Institutionen – das hat es alles schon einmal gegeben‘, und zwar in den 1930er-Jahren, die bekanntlich in einem Desaster endeten.“ An dieser Stelle sei noch der vorletzte Absatz erwähnt, in dem sie schreibt: „Wie alle menschlichen Projekte war auch die letzte Aufklärung ambivalent: obwohl mit großen Illusionen verbunden, hat sie nie dagewesene Errungenschaften gezeitigt. Aber diese müssten, so Hampe, in jeder Generation neu erarbeitet werden. Dazu gelte es, sich von allen Formen mystischen Geschichtsdenkens zu verabschieden, von Verschwörungstheorien sowie von der ‚Pseudoreligion universaler Konkurrenz.'“

⁵) Das erwähnte Zitat von Hermann Hesse ist dessen Roman „Das Glasperlenspiel“ entnommen. Es steht in folgendem Kontext: „Stellen wir uns einmal vor, wir Spieler würden einige Zeit mit geringerem Eifer arbeiten, die Spielkurse für Anfänger würden langweiliger und oberflächlicher, in den Spielen für Fortgeschrittene würden die Fachgelehrten das lebendig pulsierende Leben, die geistige Aktualität und Interessantheit vermissen, unser großes Jahresziel würde zwei-, dreimal nacheinander von den Gästen als leere Zeremonie, als unlebendig, als altmodisch, als zopfisches Relikt der Vergangenheit empfunden – wie rasch wäre es da mit dem Spiel und mit uns zu Ende!“ [ISBN 978-3-518-36579-3, S 253]

⁶) Paul Collier in Sozialer Kapitalismus!, S 58: „In ihrer Gesamtheit bilden die Narrative ein Glaubenssystem, das unser Verhalten verändert. Glaubenssysteme können aus der Hölle der Anarchie eine echte Gemeinschaft formen; sie können einen gesellschaftlichen Zustand, in dem der Mensch ein laut Hobbes‘ Leviathan ’scheußliches, tierisches und kurzes Leben‘ führt, in einen Zustand verwandeln, in dem er ‚aufblüht‘.“ Am Ende dieses Kapitels schreibt er (S 73): „Kapitalistische Gesellschaften leiden an einem Prozess der Vernachlässigung, dessen Schlüsselsymptom der Niedergang sozialen Vertrauens ist.“ Im nachfolgenden Kapitel „Der ethische Staat“ gelangt er nach Beschreibung des Schicksals von ICI und dem Hinweis auf die Erzeugung von Ängsten, wie sie der Kapitalismus „schon in der Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre getan hatte,“ zu der Erkenntnis (S 76): „Je mehr die Spaltungen in unseren Gesellschaften zugenommen haben, um so mehr ist

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Staaten und ihren Regierungen fehlt auch 2019 wieder ein „ethisches Verantwortungsbewusstsein“.

die Bereitschaft der Bessergestellten geschwunden, diejenigen auf der Verliererseite wohlwollend zu unterstützen.“ Zwei Seiten zuvor lesen wir: „Als ein Kind von Eltern, die in den dreißiger Jahren junge Erwachsene waren, hörte ich von ihnen, welche schlimmen Folgen das Versagen des Staates gehabt hatte. Durch ihre Geschichten verstand ich, was für eine Tragödie der Sturz in die Massenarbeitslosigkeit gewesen war. Staaten und den Gesellschaften, die sie widerspiegelten, hatte das ethische Verantwortungsbewusstsein gefehlt, um Vollbeschäftigung als ihre Verpflichtung anzusehen.“ (Siehe dazu meinen Kommentar über die gesellschaftliche Verantwortung der Höherqualifizierten und damit grundsätzlich Bessergestellten)

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Exkurs

In seinem Vortrag „Warum schweigen die Lämmer?“ macht uns Rainer Mausfeld auf verschiedene Aspekte rund um unsere „Aufgeklärtheit“ aufmerksam:

„Die Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit von Fakten wird wesentlich durch die Massenmedien vermittelt, die neben den Fakten in der Regel auch den gewünschten Interpretationskontext und damit das ‚politische Weltbild‘ vermitteln. Das Thema gehört also zu unserem gesellschaftlichen Lebensalltag und geht uns alle an. Die Fragen, die sich hierbei stellen, sind grundlegender und zumeist recht elementarer Natur. Für die Auseinandersetzung mit ihnen benötigt man kein Expertenwissen, auch wenn die herrschenden Eliten sich bemühen, Diskurse über derartige Themen auf Gruppen ‚geeigneter Experten‘ zu beschränken. Für Themen, die uns alle als Citoyens angehen, also als Bürger, die sich im Geiste der Aufklärung um die Gestaltung unseres Gemeinwesens bemühen, sind wir von Natur aus mit einem natürlichen Vermögen unseres Geistes ausgestattet, einem ‚Licht der Vernunft‘ – einem lumen naturale, wie man es in der Aufklärung nannte. Den wesentlichen Kern der Fragen, um die es bei unseren Themen geht, können wir also auch ohne eine Spezialistenausbildung behandeln.“ – vgl. „Diakone waren ursprünglich Gehilfen der Apostel zur Verwaltung des gemeinsamen Vermögens und zur Leitung der gemeinsamen Mahlzeiten – und wohl damit verbunden auch der Eucharistie.“ (Quelle: Wikipedia)


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3 Kommentare zu „Ein ÖkoSozialRat stärkt die Demokratie

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